Hallo "Fechter".
Ich schreibe hier als der, der das Thema hier im Forum vor einiger Zeit aufgemacht hat. Getrieben von ähnlichen Gedanken habe ich die Öffentlichkeit gesucht und Gleichgesinnte um etwas in Bewegung zu bringen. Das war aus meiner heutigen Sicht etwas naiv, aber trotzdem nicht falsch.
Die Situation, welche wir heute beim Eiskunstlauf in Deutschland haben, ist derart komplex, dass man ein Buch darüber schreiben könnte. Das will aber sicher keiner lesen, so dass ich es, rückblickend, versuche mal "kurz" zu beschreiben. Rückblickend deswegen, da wir es aufgegeben haben, und mit uns auch etliche andere.
Für Eltern mit ihren Kindern, welche keine Ambitionen auf wirklichen Leistungssport haben, also national "vorn" mitzulaufen und international "gut dabei zu sein" stellt es sich vieleicht nicht so dramatisch dar, vor allem dann nicht, wenn man als Familie finanziell gut aufgestellt ist.
Wenn man aber mehr möchte und dann auch ganz viel Zeit und viel Geld investiert (10.000 EUR und mehr im Jahr sind da locker drin) und die Perspektiven im Nebel des Mittelmaßes verschwinden ist das einfach bitter.
Herr Dönsdorf ist, so glaube ich, schon seit 20 Jahren in diesem Amt, und jetzt fällt ihm ein, "dass es so nicht weitergehen kann"? Und weiter: "... die Trainer müssen erkennen..., alle müssen die Zeichen der Zeit erkennen..., arbeiten,...".
Da frage ich mich wozu er da ist. Das meine ich nicht sarkastisch sondern sachlich und ehrlich. Was ist die Aufgabenbeschreibung seiner Funktion als Sportdirektor der DEU? Laut auszurufen: "Nun macht mal!"? Das klingt alles so, als ob da an der Basis Organisationen sind die ihr Eigenleben besitzen und es keine Einflussmöglichkeiten gibt.
Dabei gäbe es viele wichtige Fragen zu stellen, zu beantworten und in die Praxis umzusetzen.
- Wie muss das Zusammenspiel von (Sport-) Schule und Training organisiert werden, damit internationalen Ansprüchen genügendes Training möglich ist?
- Wieviele Stunden Eistraining sind in der Woche in welchem Alter erforderlich? Unsere Tochter hatte im letzten Jahr beim Eiskunstlauf mit 10 Jahren 7 (in Worten: sieben!) Stunden reguläres Training, darin waren schon 2 Kaderstunden enthalten. Ich habe frühere Läufer aus den 80iger Jahren mal gefragt, da sind Zahlen von 30 Stunden und mehr genannt worden.
- Wie sieht der Rahmentrainingsplan aus? Gibt es überhaupt einen bei der DEU?
- Sportler müssen regelmäßig beim Sichtungslaufen ihre Leistung (-ssteigerung) nachweisen. Und die Trainer? Wir brauchen endlich (fairen!) Wettbewerb unter den Trainern.
- Welche Trainingsmethoden und in welchem Umfang sind heute erforderlich?
- Welche technischen Voraussetzungen an den Trainingsorten werden dazu gebraucht?
- Wie und wo bekommen wir begabte Trainer her, die auch noch motiviert sind und mit Leidenschaft Ziele haben? (Damit sage ich nicht, das es in Deutschland keine solche Trainer gibt !!!, nur eben wenige)
Das sind nur einige Fragen mal angerissen, wo man sofort anfangen könnte.
Und dann sind da die Vereine vor Ort. Da muss man sich fragen, ob man wirklich mit Leidenschaft Leistungssport anbieten will, oder man mit einer Eisrevue oder einem Eismärchen im Jahr zufrieden ist. Hier denke ich, dass man es sich an vielen Orten bequem eingerichtet hat. Oder resigniert, was vieleicht mehr zu verstehen ist, aber nicht besser.
Und was auch verhehrend für den Sport ist: In vielen Vereinen betrachtet man die Eltern als unangenehme Störenfriede.
Das kann nicht gut gehen! Besonders wird das deutlich, wenn man anfängt Fragen zu stellen. In vielen Familien ist das ganze Leben, der ganze Alltag auf den einen Sport und die Unterstützung der Kinder ausgerichtet. Die Eltern finanzieren das ganze, ob über die Steuern oder Vereinbeiträge oder die direkte Zahlung für Trainingsstunden. Und dann wird man oft als dumm oder störend hingestellt. Hier braucht es definitiv einen Paradigmenwechsel.
Ich möchte hier an dieser Stelle aufhören. Wir haben es als Betrug empfunden. Auf der einen Seite wird suggeriert, das es sich um Leistungssport mit Perspektive handelt und auf der anderen Seite gibt es keine Perspektive, jedenfalls nicht da wo wir waren. Hätten wir vorher gewusst wie die Situation wirklich ist, hätten wir das nicht gemacht! Die Ergebnisse der deutschen Sportlerinnen und Sportler sprechen eine deutlich Sparache. Und die Aussagen von Herrn Dönsdorf auch.
Zum Schluss bringe ich noch mal ein Zitat, ich glaube ich hatte es früher bereits einmal zitiert. Es stammt von Jutta Müller aus einem Interview mit dem Berliner Kurier aus dem Jahr 2015:
"Entsetzlich, was aus der einstigen Paradesportart geworden ist. ...Wenn ich in Chemnitz heute das Training beobachte, weiß ich, dort kommt über Jahre nichts, aber auch gar nichts heraus, was internationalen Ansprüchen genügen könnte.“
https://www.berliner-kurier.de/sport/sp ... t--1215172
Hat da jemand aufgehorcht? Mal darüber nachgedacht?