EM live erlebt – ein ganz und gar subjektives kleines Resümee - Teil 1 von Marina M
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Marina.M. -
1. Februar 2020 um 11:17 -
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Guten Abend!
Vorab:
Ich bin kein Fachmann, bin nie selbst gelaufen, bin nur jemand, die den Sport des Eiskunstlaufens liebt. Hier nun meine ganz persönlichen Erinnerungen und Eindrücke der Eiskunstlauf EM.
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Die EM ist vorbei, die Medaillen vergeben. Ja, es waren zugegeben eigentlich russische Meisterschaften. Selbst die uneinnehmbar scheinende französische Bastion des Eistanzens wurde „gestürmt“. Man kann resignieren ob der Vormachtstellung und ins unendliche diskutieren. Aber die Medaillenträger kommen aus einem Land, in dem der Eiskunstlaufsport in jeglicher Hinsicht gefördert wird und einen hohen Stellenwert genießt. Das ist ein Fakt. Und das muss man anerkennen.
Nach so vielen Stunden in der Eishalle ist der Kopf erst einmal völlig überfüllt. Alles muss erst seinen Platz finden. Was hat beeindruckt, was berührt, enttäuscht und gefreut.
Die Damen.
- Das Thema Damenwettkampf wurde ja schon heiß diskutiert. Natürlich ist es ein sportlicher Wettkampf. Die Mädchen – wie sie der Hallenmoderator vor der Siegerehrung nannte - sind absolute sportliche Weltklasse. Fakt ist jedoch, dass sie all die Sprünge nur ausüben können, weil sie noch den Körper von zwölfjährigen Mädchen haben. Glauben Sie mir, sie sind in Natur noch zarter und kindhafter, als sie im Fernsehen wirken. Und es steht über allen dreien die Frage im Raum: Sind sie im nächsten Jahr oder bei den olympischen Spielen dabei? Zerplatzen ihre Träume wie die von Alina und Jewgenia?
Wer in Turin beim Schaulaufen Alina Zagitowas kurze Ansprache live miterlebt hat, als sie erklärte, sie könne wegen einer Verletzung nicht teilnehmen, wird dieses unendlich traurige Gesicht und die tränenerstickte Stimme nie vergessen. Der große Star mit 15, ausrangiert mit 17 Jahren. Es war totenstill in der Halle, jeder ahnte den wahren Grund.
Und irgendwie schien es, als ob die EM-Medaillengewinnerinnen in Graz ihre Konkurrenz im kommenden Jahr schon spürten.
Aber zwei Damen, die jenseits aller Medaillen waren, zeigten uns, das Eiskunstlaufen auch Freude bereiten kann. Mae Berenice Meite aus Frankreich, die zwei Superprogramme aufs Eis legte und die junge Polin Ekaterina Kurakova, die ebenfalls eine absolut gelungene Kür lief. Die Arme in die Höhe gereckt, ein strahlendes Lachen im Gesicht, Freude pur, die die Zuschauer bis auf die letzten Ränge ansteckte. Allein dafür hätten sie eine Medaille verdient.
Die Herren
- Für mich gab es einen (Wunsch) Favoriten: Kevin Aymoz!! Grand Prix Finale Bronze Gewinner in Turin 2019 und neben Hanyu absoluter Publikumsliebling. Kreativ, innovativ, modern und unglaublich musikalisch. Für mich das Talent. Es ist eine Freude, ihm zuzusehen. Wie er die Musik interpretiert, die Akzente in seinen Bewegungen setzt, jeden Moment der Kür lebt. Es ist modernes Eiskunstlaufen, wie es schöner kaum sein kann. Abseits der abgedroschenen Musiken und Attitüden, die seit 40 Jahren abgelaufen werden.
Ja, wenn da nur die Nervosität – oder was auch immer an dem Tag der Kurzkür geschah - nicht wäre. Kein wertbarer Sprung, kaum Punkte, ein Desaster. Fassungslosigkeit bei Kevin Aymoz und Silvia Fontana, der Trainerin. Traurigkeit bei uns und vielen anderen in der Halle. Er wird nicht am Free Skating teilnehmen und wir können diese wunderbare Kür nach der Musik von Patrick Watson „Lighthouse“ nicht sehen.
Am Ende gewinnt Aliev – zu Recht. Mit Tränen in den Augen bedankt er sich bei allen Zuschauern und natürlich bei allen russischen Fans, die schätzungsweise knapp die Hälfte aller Zuschauer ausmachen. Michael Brezina hatte die Chance seines Lebens und kann sie nicht nutzen. Am Ende der Kür kniet er auf dem Eis, traurig, enttäuscht. Es scheint, als wolle er nicht aufstehen. Er weiß, diese Chance kommt wohl nie wieder. Ich hätte es ihm von Herzen gegönnt. Auch der herzliche Applaus tröstet nicht.
Zweiter wird ebenfalls ein russischer Läufer, der 16-jährige Artur Danielian. Ein junger und wirklich absolut sympathischer junger Mann. Nur wer in aller Welt teilte ihm diese abgedroschene Musik und dieses Kostüm zu? Er sah aus, als müsste er einen Laufanzug aus den siebziger Jahren auftragen. Was im letzten Jahr Matteo Rizzo war, ist in 2020 Daniel Grassl – ein Publikumsliebling, nur dass er knapp das Podium verpasst,
Ein großes und Riesenlob möchte ich noch an Paul Fentz vergeben. Ich habe ihn das erste Mal live gesehen. Nie zuvor habe ich erkannt, welch eleganter Läufer er ist, mit welcher Intensität er die Musik interpretiert. Und dieses Mal klappten auch die Sprünge. Es war ein wunderschönes Programm. Und wie er sagte, hat er sich selbst die Medaille für Tapferkeit und löwenhaftes Kämpfen vergeben. Von mir bekommt er die für „Hero of the competition“ dazu. Chapeau Paul !! Weiter so.