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von Manuel » Sa 16. Mär 2019, 15:36
Training in zwei Vereinen, portofelice4
Leistungsbereite Kinder aus dem Verein werfen, weil sie Eiskunstlaufen lernen wollen!
Das wäre ja genauso, als wenn eine Schule ihre Schüler aussperrt, weil die im Unterricht mitarbeiten und Vokabeln lernen möchten. Dass es einen solchen Fall in Deutschland tatsächlich gibt, ist mehr als traurig und sollte vor den Funktionären in der DEU erörtert werden.
Eiskunstlauf erfordert höchste Leistungsbereitschaft und Disziplin, sowie eine lange, wenn nicht sogar die längste Vorbereitungszeit des Sportlers, überhaupt. Wer nicht bereits im frühen Kleinkindalter damit anfängt und entsprechend gut ausgebildet wird, hat im internationalen Sport keine Chance. Und diejenigen, die es bis aufs Treppchen der EM/WM/Olympia schaffen, sind dünn gesät und können nur aus der Masse erwachsen. Das ist das Geheimnis der Russen, der Kanadier und auch der asiatischen Länder. Entweder, es hat im jeweiligen Land Volkssportcharakter, wie in Russland und Kanada, oder der Staat steht dahinter, wie in China(in Russland natürlich auch). In Japan hat Eiskunstlauf wegen seiner Ästhetik einen hohen gesellschaftlichen Status. Bei uns muss er sich mit einem Nischenplatz begnügen und große Sportler mit deutschen Namen wie Kilius/Bäumler, Witt, Hoffmann und Poetzsch, Lindemann, werden weiterhin weniger.
Folgendes Beispiel: Ich trainiere in Adendorf.Ein achtjähriges erfolgversprechendes Mädchen, aus einem Hamburger Verein, trainiert ebenfalls dort und auf den vier Hamburger Bahnen. Sie wurde wegen guter Leistungen ausgesucht und durfte in der Hamburger Vorstellung von Holiday on Ice zusammen mit unserem Goldpaar Aljona und Bruno auftreten. Die Familie hat wenig Geld, kann sich keine teuren Trainer und Trainingslager auf den wenigen Ganzjahreseisbahnen (Willingen, Braunlage etc.)leisten. Zu Jutta Müllers Zeiten wäre die Kleine im Internat gelandet und hätte sich kostenlos auf ihre Karriere als Olympiasiegerin vorbereiten können. Siehe Russland heute. Die sechste der russischen Meisterschaft wurde Europameisterin, weil die ersten drei noch zu jung sind, um an den Seniorenwettbewerben teilzunehmen.
Und hier setzt für mich das Unverständnis ein. Jeder deutsche Verein und jeder Trainer sollten froh und dankbar dafür sein, wenn sich Kinder zu ihnen aufs Eis verirren, und noch bereit sind, hartes Training auf sich zu nehmen und auf Spielen und Freizeit verzichten. Auch den Eltern hat man entgegen zu kommen, denn die investieren neben viel Geld ebenfalls ihre Zeit und Hilfe in den Sport. Erfolge polieren doch auch das Image des Vereins auf. Natürlich kann man nur für einen einzigen Verein starten, aber das hat nichts mit den Trainingsbedingungen zu tun! Auch in den höheren Klassen wird die Last auf mehrere Trainer verteilt: Sprungtraining, Choreographie, Pirouetten, Ballett, Tanz etc. Kein Weltmeister kann mit nur einem einzigen Trainer auskommen.
Wer kleinen Kindern aus Klüngeldenken und aus der Vorstellung eigener Unfehlbarkeit und Überheblichkeit heraus, die Freude am Sport nehmen will, der sollte sich allen Ernstes überlegen, ob er als Trainer nicht fehl am Platze ist. Ein solches Verhalten kann man nicht nur getrost als schäbig bezeichnen, sondern es widerspricht und läuft unseren nationalen deutschen Interessen zuwider. Es sollte im Sinne der Eislaufunion sein, derartigen Leuten das Handwerk zu legen und anstatt die Kinder rauszuwerfen, den Erwachsenen die Lizenz zu entziehen.
In einem eislaufstrukturschwachen Land wie Deutschland müssen alle Verantwortlichen an einem Strang ziehen. Alle Vereine sind angehalten eng zusammenzuarbeiten und sich uneigennützig für die beste Ausbildung und besten Trainingsmöglichkeiten des Nachwuchses einzusetzen. Dann dürfen sie sich auch gemeinsam am erreichten und hart erarbeiteten Erfolg der jungen Läufer freuen. Es bleibt zu hoffen, dass dies ein Einzelfall bleibt, die Probleme möglichst schnell zugunsten der Leidtragenden, sprich der Kinder, gelöst werden und sich solche Vorfälle nie wieder in unserem Land wiederholen.
Übrigens hat kein Trainer die Weisheit gepachtet und auch Herr Michin hat nicht verhindert, dass sich Evgeni plötzlich mit Bandscheibenvorfällen herumschlagen musste. Es gibt international erfolgreiche Läufer, die auch im Alter noch fit sind. Die Trainingsmethoden der Ausbilder und deren Zusammenarbeit mit Ärzten und Physiotherapeuten haben mit Sicherheit auch Auswirkungen auf die gesundheitliche Entwicklung eines Hochleistungssportlers.
Zu Anfängerstatus: Aus eigener leidvoller Erfahrung, muss ich sagen, dass ich mich als Erwachsener sehr viel schwerer tue, neue Übungen zu erlernen, als es bei den kleinen Mädchen der Fall ist. Neunjährige Kinder sollten nach drei Jahren Training im Verein den Anfängerstatus hinter sich gelassen haben. Das zeigen auch Abzeichen und Prüfungen. Andernfalls läuft in dem Verein etwas schief.
Ja, zu guter Letzt: Wie im Beruf, ist manchmal das Klima so vergiftet, dass einem nur der Wechsel bleibt. Kommt ein Kind in der Schule mit einem Lehrer nicht zurecht, muss das Gespräch mit dem Rektor gesucht werden. Beim Sport sollte man den Kindern zuliebe, schnell für bessere Bedingungen sorgen. Es kostet ja auch Vereinsbeiträge, die effektiver in Einzeltrainerstunden, auch Urlaubsfahrten auf Sommereisbahnen, investiert werden können. Ich würde nicht lange diskutieren, sondern solchen Leuten schleunigst den Rücken kehren. Sonst kann es passieren, dass die Kinder den Spaß am Sport verlieren und das wäre sehr schade. Vor allem, weil ja schon so viel Zeit und Herzblut investiert wurde. Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Lg Manuel