Der kleine (große) Unterschied – Teil 2 von MarinaM
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Marina.M. -
24. April 2020 um 06:12 -
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Guten Morgen!
Es ist wirklich schade, daß die WM abgesagt wurde. Es war aber natürlich die absolut richtige Entscheidung. Ich hätte gern unsere beiden Paare noch einmal gesehen. Ich setze viel Hoffnung in sie. Und vielleicht hätte Paul Fentz seine Leistungen der EM wiederholen können. Auf jeden Fall hätte ich alles vor dem Fernseher verfolgt und bei mir gedacht, wie es wohl in der Eishalle zugeht.
Ich muss jedoch zugeben; Eines spricht ganz klar für das Erleben zu Hause – die bequeme Couch und ein warmes Wohnzimmer - ein unschlagbares Argument. Beim GrandPrix in Turin waren die Premiumsitze 30 x 40 cm groß (also klein) ohne Rückenlehne und die Reihen so schmal, dass man die Knie des Hintermannes (-frau) als Kopfstütze hätte nehmen können. So stapelten wir uns also vor dem Wettkampf mit der freundlichen Hilfe der Sitznachbarn in die Reihe ein. Glücklicherweise waren wir umringt von Japanerinnen, die ja bekanntlich von kleinerem Wuchs sind. In Graz bei der EM hatten wir schon etwas komfortablere Sitze, zwar klein aber mit Rückenlehne, was man nach einiger Zeit zu schätzen weiß. Nur war es dort die erste Tage s….kalt. Die EM fand in einem Zelt statt, ja richtig gelesen. Die Schwarzlseehalle ist ein riesiges Zelt. Das zu beheizen, gelang nicht immer. Das war wahrscheinlich auch der Grund, dass alle dachten, es ist keine Stimmung in der Halle. Es zog sich nur niemand zum Klatschen die Handschuhe aus. Wir schmuggelten gleich am nächsten Tag ein sehr beliebtes österreichisches Spezialgetränk rein, welches man perfekt mit heißem Wasser mixen kann. Diese Mischung wärmte wunderbar und wir konnte mit freien Händen applaudieren.
Eine Win-Win-Situation für alle.
Der größte und gravierendste Unterschied, einen Wettkampf im Fernsehen oder live zu erleben,
ist das Wahrnehmen der Zeit. Dabei muss ich immer an Aljona Savchenko denken, wie sie im Eurosport-Cube sagte: „Ein ganzes Leben in 4 Minuten und die 4 Minuten gehen so schnell vorbei“.
Das habe ich vor dem Fernseher nie empfunden. Wenn man mitfiebert, hat man das Gefühl, die Kür dauert mind. 10 Minuten. Man macht vor Aufregung die Augen zu, dann wieder auf, man kann nicht hinsehen, nicht wegsehen. Und die Kür dauert und man muss noch immer weiter mitfiebern.
Das ist in der Eishalle ganz anders. Zugegeben, es gibt Küren, die sind gefühlt 20 Minuten lang, weil die Musik als nervend empfunden wird. Aber meist vergeht die Zeit der Kür so schnell und man denkt: Was? Schon vorbei? Das erstaunt mich jedes Mal aufs Neue. Zeit ist halt wirklich relativ.
Und es gibt diese besonderen Momente, wenn in der Halle plötzlich alles still wird und alle gefangen sind in der Musik und der Darbietung. Dies geschieht allerdings wirklich selten.
Denn Eines ist auch Fakt. Ist man direkt vor Ort, bekommt man die absolute Überdosis an Eiskunstlauf. Acht Wettbewerbe + Eröffnungsvorstellung und Gala. Das ist, als würde man in der Eishalle wohnen. Es ist viel, sehr viel, aber leider selten begleitet von Vielfalt.
Manchmal bleibt das Programm in Erinnerung, manchmal die Musik, manchmal einfach nur das ein Missgeschick oder das Kostüm und manchmal ist es das Strahlen im Gesicht eines Läufers, der einfach nur die Kürqualifikation geschafft hat. Und das Publikum applaudiert begeistert. Denn sie bereichern das Teilnehmerfeld und die Meisterschaft. Manchmal scheint man schon einen kommenden Meister zu erkennen oder man freut sich, erwachsene Frauen oder Männer auf dem Eis zu sehen.
Es geht nicht nur um Medaillen. Es gibt viele kleine Siege. Es gibt Überraschungen, Enttäuschungen, lustige und erhabene Momente. Das alles spürt man in der Eishalle ganz intensiv.
Ich wünsche allen, dieses einmal selbst zu erleben.
Bleibt alle gesund.