Na, noch wach?
Die Grand Prix Saison 2023 ist bis auf das Finale Geschichte. Sie verlief durchaus zwiespältig. Zum Eistanz schreibe ich lieber gar nichts, denn hier werden nach wie vor Wartelisten abgearbeitet. Mit einer wirklichen sportlichen Entscheidung hat das wenig zu tun. Die sechs Paare mit der höchsten Gesamtpunktzahl qualifizierten sich auch für das Finale. Als Dritte schafften das die Italiener Charlene GUIGNARD / Marco FABBRI, die aber die höchste Gesamtpunktzahl erreichten.
Bei den Männern war die Qualität am höchsten. Allerdings gab es hier ein deutliches Leistungsgefälle. Ilia MALININ kam auf 615.15 Gesamtpunkte, Adam SIAO HIM FA auf 605.16. Der drittplatzierte in dieser Kategorie Shoma UNO hatte mit 566.53 Punkten fast 60 Zähler Rückstand. Dreißig pro Wettbewerb, Bei den qualifizierten hätte sich nichts geändert. Lediglich bei den Reservisten hätte Mikhail SHAIDOROV Soto Yamamoto verdrängt.
Kaori Sakamoto gewinnt bei den Frauen selbst mit durchwachsenen Programmen, wie sie will. Ähnliches gilt für Loena Hendrickx, die in dieser Saison bislang einiges schuldig blieb. Ein Lichtblick ist dagegen Isabeu Levito. Das waren auch die drei einzigen Läuferinnen, die auf einen Schnitt von über 200 Punkten kamen. Wäre die Punktzahl der Gradmesser gewesen, dann wäre Lindsay THORNGREN statt Rion SUMIYOSHI in das Finale eingezogen und Rinka WATANABE wäre statt Chaeyeon KIM Reservistin geworden. Bedauerlich ist, dass die Siegerin der NHK Trophy Ava Marie ZIEGLER, die dort gute 200.50 Punkte erzielte, nicht im Finale dabei sein wird. Sie wäre eine echte Bereicherung gewesen.
Trotz aller Freude über zwei deutsche im Paarlauf-Finale, der Paarlauf liegt völlig am Boden. Einzig die Kanadier Deanna STELLATO-DUDEK / Maxime DESCHAMPS blieben zweimal deutlich über 200 Punkte, blieben mit ihrer Bestleistung immer noch 25 Punkte unter dem Weltrekord. Neben ihnen schafften nur Minerva Fabienne Hase/ Nikita Volodin mehr als 200 Punkte. Bei der NHK Trophy waren es 202.51 Punkte. Die DEU machte daraus gleich eine "Weltklasse-Punktzahl". Das ist diese Zahl aber definitiv nicht. In der erst seit 2018 geltenden, also gerade mal fünf Jahre alten Bestenliste, bedeutet diese Punktzahl den 17. Platz. Wie stark im Paarlauf die Qualifikation für das Finale vom jeweiligen Starterfeld abhingen, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen. Annika HOCKE / Robert KUNKEL hätten mit ihrer Gesamtpunktzahl von 354.88 Punkten den zehnten Platz belegt und hätten damit nicht nur das Finale verpasst, sondern wären nicht einmal Reservisten geworden. Für sie wären Maria PAVLOVA / Alexei SVIATCHENKO mit 19 Punkten mehr in das Finale eingezogen. Außerdem hätten sich Anastasia GOLUBEVA / Hektor GIOTOPOULOS MOORE, die elf Punkte mehr erhielten als das deutsche Paar, für die Reserve qualifiziert.
Das Fehlen der Russen hat sich hier, aber auch bei den Frauen und, was die Breite anbetrifft, auch bei den Männern stark bemerkbar gemacht. Leider wird sich daran auch in der nächsten Saison nichts ändern. Keiner der vom Westen dominierten Wintersportverbände will als erster Russland wieder zulassen. Da macht auch die ISU keinen Ausnahme. Im Eiskunstlauf kommt verschärfend hinzu, dass durch die schlecht umgesetzte Anhebung der Altersgrenze auch im nächsten Sommer, und damit zum zweiten Mal hintereinander, keine oder kaum Läuferinnen und Läufer aus dem Juniorenbereich zu den Senioren aufrücken werden. Sollte es Verletzungen oder Rücktritte geben, auf die wir natürlich nicht hoffen, würde sich die Basis noch einmal verkleinern. Aber die ISU hat es ja so gewollt.
Nach Nationen sortiert, stellt Japan im Finale mit sechs Teilnehmern das größte Kontingent, gefolgt von Kanada mit fünf. Die weitere Reihenfolge: Italien und USA je drei, Deutschland, Belgien und Frankreich je zwei und Großbritannien einer.
Nicht nur die russischen Läufer fehlen, auch die russischen Zuschauer und die Zuschauer die wegen, oder auch wegen der Russen kommen. Die Zuschauerzahlen dürften deutlich unter denen der Vorjahres-Grand-Prix-Serie gelegen haben. Besonders augenfällig war das auch und gerade bei der NHK-Trophy, wo nicht einmal alle Karten in den Verkauf gingen und trotzdem viel Plätze frei blieben. Vor drei, vier Jahren waren die Karten noch binnen weniger Tage ausverkauft. Der von der ISU 2022 angelegte Sonderfond, mit dem Verluste wegen des Fehlens russischer Zuschauerausgeglichen werden sollten, war schon im Sommer zur Hälfte geleert. Inzwischen dürfte er fast ganz leer sein und die EM kommt erst noch.
Interessant ist auch eine Klickstatistik hier im Blog: Die Berichte von der GP-Serie wurden im Schnitt 677 mal angeklickt, die vom russischen GP 724 mal. Das Interesse am russischen Eiskunstlauf scheint ungebrochen zu sein. Der Beitrag zum fünften Tag der vierten Etappe des Russlands-GP erzielte Wettbewerbsübergreifend mit mehr als 1.000 Klicks die höchste Zugriffszahl.
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